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Regionale Landschaften und Vegetation

  • sandranicolziech
  • 9. Jan.
  • 3 Min. Lesezeit
Blick in die Krone eines reich tragenden Granatapfelbaumes mit blauem Himmel im Hintergrund.
Granatapfelbaum auf Kreta, 2024

Vor etwa zwei Jahren kam ich an eine selten gewordene Ausgabe des Buchs "Johannes Baptista - Der Heilige von Schwand" von Georg Türk von 1928. In altdeutscher Druckschrift verfasst, hat es kurz gedauert, bis ich mich zurecht gefunden hatte, aber sobald ich drin war, zogen mich seine Beschreibungen der regionalen Landschaft südlich von Nürnberg um 1500 vollständig in den Bann.


So berichtet Georg Türk im Namen des Protagonisten Konrad Scheidt, eines evangelischen Pfarrers von Schwand, an einer Stelle von dessen Reiseweg nach Schwabach durch die regionalen Wälder wie folgt:


"Er kam in ein Gehölz, das aus Föhren bestand, die ihn nur um ein kleines überragten. Wunderlich waren sie anzusehen. Kaum einer der Bäume war gerade gewachsen. Der Stamm war verbogen, in mancherlei Windungen reckten sich die Äste. Verkrüppelt und verkümmert fristeten sie ihr kärgliches Dasein. Da dachte der Pfarrherr von Schwand:

"So im Walde krause und mißgestaltete Bäume wachsen neben den hohen und aufrechten, sollt es bei den Menschen anders sein? Allhie ist viel krummes Holz und wenig grades. Also findest du in der Welt zuweilen an einem Orte viel Narren und wenig Weise... Aber siehe, jedweder Ast strebet dennoch der Sonne zu. Also sehnet sich auch der Ärmste und Geringste nach dem Lichte..." Wie einst der heilige Franziskus, so fühlte sich Konrad Scheidt zu jeder Kreatur hingezogen. Er hatte wohl acht, daß er den Käfer, der seinen Weg kreuzte, nicht zertrat, er lockte den flatternden Vogel und neigte sich zu Gras und Blümlein. Nach vielen Regentagen stand die milde Herbstsonne am blauen Himmel und segnete den armen Wald mit gleißendem Scheine. Da und dort hielt er Rast und lauschte den heimlichen Stimmen, die durch die Stille gingen." (S. 42+43).


Diese Beschreibung zeichnete das altbekannte Bild eines Fichtenwaldes im Herbst, wie ich ihn selbst von Spaziergängen kenne.


Strandblick zu den Lichtern von Rethymno, Kreta 2024
Strandblick zu den Lichtern von Rethymno, Kreta 2024

Im Sommer 2024 reisten wir auf die griechische Insel Kreta, und auch dort zog mich die Landschaft in ihren Bann, wenn auch aus anderen Gründen. So standen vor den Haustüren der Leute im Altstadtviertel von Rethymno Pflanzkübel bepflanzt mit Avocado und Bogenhanf, Feigenbäumchen wuchsen aus den Ritzen des Asphalts, und der Farn-Spargel (Asparagus plumosus), den ich zuhause wohltemperiert mit einer Höhe von etwa 40 Zentimetern stehen habe, rankte neben einer der Türen auf eine Höhe von unglaublichen 2 Metern.


Das fremde, exotische, und die in Mittel-und Nordeuropa ungekannten Möglichkeiten der mediterranen Vegetationszone ziehen nicht nur mich an. Ich weiß, dass ich mit einer Romantisierung des Mediterranen nicht alleine bin. In den aktuellen Zeiten des Klimawandels gedeihen selbst in Deutschland schon mediterrane Gewächse wie die Feige, der Lavendel und Rosmarin gut und kommen sogar je nach Region problemlos über den Winter, genau so wie hier im Gebiet des Spalter Hopfenlandes, wo die Sonnenscheindauern generell höher sind. Und man sieht sie in jedem Pflanzengeschäft zur Gartensaison.


Die Romantisierung der regionalen Landschaft


Mich beschlich schon häufiger das Gefühl, dass, wie jemand irgendwann betriebsblind oder alltagsblind werden kann, viele auch betriebsblind bzw. alltagsblind für die Natur vor ihrer eigenen Haustür geworden sind. Ob das nun ein Ergebnis der zunehmenden Urbanisierung ohne Rücksicht auf standortgetreue Neubepflanzungen und einen Erhalt des Altbestands ist, oder der Versiegelung von Naturflächen, der falschen oder fehlenden Pflege von bestehenden Landschaften, oder an der Bildschirm- und Ästhetikgebundenheit der digitalen Medien liegt, oder eine Kombination aus allen genannten Faktoren ist, kann und möchte ich nicht rückschließen.


Was ich mit Sicherheit sagen kann, ist, dass ich meine regionale Landschaft mehr romantisieren möchte. Für die Pragmatiker, die mit Romantik wenig anfangen können hier die Frage: Was bringt mir eine atemberaubende Landschaft in einem fernen Land, wenn ich hier lebe? Wenn ich dem Wetter und Klima meiner Heimat täglich ausgesetzt bin, und sie konkret mitbestimmt, wie ich die Jahreszeiten erlebe und welche Kleidung ich trage und was ich sehe, wenn ich aus dem Fenster blicke?


Ich möchte in meinen Gemälden mehr sehen von Föhren, die, angelehnt an Georg Türk, krumm und doch der Sonne zustrebend sind.


Abendföhrenrot, 2024
Abendföhrenrot, 2024

Ich möchte meinen Wald, meine Bäume, die ich seit der Kindheit kenne, mit denen ich aufgewachsen bin, die ich immer wieder in verschiedensten Lebensphasen besucht habe, die ein Teil meines Blicks aus dem Fenster und ein Teil der Geräuschkulisse meiner Spaziergänge sind, und das Gefühl, was sie mir vermitteln, in meinen Gemälden festhalten.


Sommer in Furth, 2024
Sommer in Furth, 2024

Im Rahmen dieser Motivation entstehen fortfolgend Landschaftsgemälde beruhend auf oder inspiriert von Fotografien und Beobachtungen, die ich in der Region mache. "Sommer in Furth" basiert auf einem Foto, das ich im Sommer 2024 beim Radfahren in Furth bei Schwanstetten aufnahm. "Abendföhrenrot" ist gemalt nach einer Erinnerung an die Farben des Abendrots, wie sie durch die Äste der Bäume sichtbar waren, als wir mit dem Auto durch die heimischen, dunklen Wälder Richtung Sonnenuntergang fuhren.

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